Freitag, 02:54 Uhr

März 2017

Attacke auf die Ritterburg

Vor ein paar Tagen hat Eva (4) nach der Heimkehr aus der Kita die selbst gebastelte Ritterburg ihres großen Bruders (7) zerstört. Aus heiterem Himmel - sonst ist sie so ein fröhliches und ausgeglichenes Kind! Ich war so entgeistert, dass ich kaum ein Wort herausbrachte, und Nils war natürlich am Boden zerstört und geht seiner Schwester seitdem aus dem Weg. Sie selbst verweigert jede Antwort auf die Nachfrage, was sie da geritten hat. Was können wir tun?

Meine erste Vermutung ist: Da ist etwas vorgefallen, was Eva tief verletzt und gekränkt hat, gegen das sie sich aber nicht zu wehren wusste. Aber irgendwie musste sie ihren aufgestauten Gefühlen Luft machen – und dafür müssen leider oft auch völlig unschuldige vertraute Menschen herhalten. Es muss also gar nicht Nils gewesen sein, von dem Eva sich so verletzt fühlte. Eher hört es sich so an, als sei in der Kita oder in Zusammenhang mit der Kita irgendetwas passiert, das Eva nicht verarbeiten konnte. Vielleicht haben andere Kinder sie ausgeschlossen, bloßgestellt und/oder ausgelacht, oder ihre Erzieherin oder die beste Freundin hat sie „verraten“, oder sie selbst hat irgendetwas angestellt, was die anderen ablehnten und wofür sie sich im Nachhinein schämt. Es lohnt sich, da einmal nachzuforschen, vor allem bei der Erzieherin und anderen Erwachsenen, die Eva aus dem KiTa-Umfeld kennen: Ist in der Gruppe oder auf Heimweg irgendetwas Ungewöhnliches vorgefallen? Hat Eva schon vorher Signale von Kränkung, Enttäuschung oder Wut gezeigt? (Selbst wenn die Erzieherin oder andere Erwachsene die möglichen Auslöser als „halb so schlimm“ bewerten – es kommt allein darauf an, wie Eva sie bewertet!). Wenn die Attacke auf die Ritterburg allerdings tatsächlich „aus heiterem Himmel“ kam, Eva also auf dem Heimweg aus der KiTa noch „ganz normal“ wirkte, würde ich doch einen versteckten Konflikt mit Nils in Erwägung ziehen.

Wie auch immer: Versuchen Sie zunächst, die Hintergründe für Evas Verhalten besser zu verstehen. Schwer gekränkte Kinder handeln oft nicht gezielt und vorsätzlich („Jetzt tue ich meinem großen Bruder mal so richtig weh!"), sondern eher unbewusst, um ihren Schmerz durch andere starke Gefühle zu überdecken. Eine vorschnelle Verurteilung könnte deshalb sogar zusätzliches Öl ins Feuer gießen, weil Eva sie als zweite Verletzung wahrnimmt („Keiner versteht mich!“) und sich noch mehr in Rachegefühle zurückzieht.

Ihre zweite Aufgabe ist es dann, das Verhältnis der beiden Geschwister zu reparieren und mit ihnen gemeinsam den entstandenen Schaden aufzuarbeiten. Manche Kinder sind im Nachhinein richtig entsetzt und betroffen über das, was sie da angerichtet haben, und ergreifen dankbar jedes Angebot, den Schaden wiedergutzumachen. Allerdings geht das nicht nur Eva an, sondern auch Nils. Überlegen Sie mit ihm gemeinsam, wie denn eine Wiedergutmachung aussehen könnte, und beziehen Sie ihn ruhig auch in Ihre Überlegungen und Nachforschungen nach Evas Motiven ein; er ist alt und verständig genug dafür. Und Sie verändern, wenn Sie Ihre Kinder so in ein Boot setzen, entscheidend die Perspektive: Es heißt dann nicht mehr „Nils gegen Eva“, sondern „Wir alle gegen das Problem“. Die Versöhnung der Geschwister rückt damit einen großen Schritt näher.

In unserer Rubrik Familie von A-Z finden Sie weitere interessante Artikel und Infos zu dem Thema Entwicklung des Kindes.

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