Dienstag, 09:02 Uhr

Juli 2015

Im Schneckenhaus

Seit einigen Wochen entwickelt sich Nora (11) immer mehr zur Stubenhockerin. Sie will gar nicht mehr aus dem Haus. Wir können uns das nicht erklären, auch weil ihre Schwestern (7 und 13) nicht so sind.

Für Noras Rückzug bietet sich eine Erklärung geradezu an: Mädchen in ihrem Alter stehen an der Schwelle zur Pubertät. Ihr Körper verändert sich, und auch in vielen anderen Bezügen entwickeln sie sich allmählich von Kindern zu jungen Frauen. Diese Entwicklung bringt oft große Verunsicherungen mit sich; viele Heranwachsende hinterfragen sich jetzt selbst besonders kritisch und neigen dazu, sich intensiv mit Gleichaltrigen und anderen Vorbildern, gerade auch aus den Medien, zu vergleichen. Manche finden sich zu dick oder hässlich und trauen sich deshalb nicht mehr aus dem Haus, oder sie fühlen sich plötzlich ihrer eigenen Position und Rolle in ihrem sozialen Umfeld und Freundeskreis nicht mehr sicher. Auch im Gehirn der Teenager laufen umfangreiche „Umbauten“ ab; das führt zum Beispiel dazu, dass sie mit Ironie und Sarkasmus nicht gut umgehen können, sehr empfindlich reagieren und sich nur schwer in andere hineinversetzen können. Der Rückzug ins eigene Zuhause, die eigenen vier Wände erscheint vor diesem Hintergrund als eine nahe liegende Schutzreaktion, um sich dieser Verunsicherung nicht ständig auszusetzen. Allerdings reagiert jedes Kind anders auf diese Herausforderung; Ihrer Ältesten ist es offensichtlich gelungen, offensiver damit umzugehen.

Außerdem ist es mit dieser nahe liegenden Erklärung wie mit vielen, die sich sofort aufdrängen: Sie müssen nicht zutreffen und verdecken oft andere, die „wahren“ Ursachen. Schauen Sie deshalb bitte genau hin, wie es zu Noras Verhaltensänderung kam. Entwickelte sich ihr Rückzug nach und nach oder auf einen Schlag? Gab es ein konkretes Ereignis, eine Veränderung in Ihrer Familie oder in Noras weiterem Umfeld, das oder die Ihre Tochter möglicherweise tief beeindruckt hat und/oder nachhaltig belastet? Am ehesten erfahren Sie das natürlich von Nora selbst; signalisieren Sie ihr, dass Ihnen ihr verändertes Verhalten auffällt und dass Sie es im Moment nicht einordnen können. Möglicherweise gibt es dafür ja eine ganz einfache Erklärung (wie eine Krise in einer „besten“ Freundschaft), die nur ihre Zeit braucht und sich voraussichtlich von selbst erledigt. Versichern Sie Nora aber auf jeden Fall, dass Sie für sie da und bereit sind, sie bei der Suche nach einer Lösung für ihre Probleme zu unterstützen.

Allerdings müssen Sie darauf gefasst sein, dass viele Kinder in diesem Alter sich sträuben, mit den Eltern über ihre Probleme zu sprechen. Sie gehen davon aus, dass Mama und/oder Papa sie „nur“ trösten wollen, weil sie sie lieben, aber nicht „neutral“ oder „objektiv“ an das Problem herangehen. Dann hilft es vielleicht, jemand anderen einzuschalten, der oder die einen guten Draht zu Nora hat, etwa eine Patentante, eine (ältere) Kusine oder eine andere familiäre Freundin. „Dritte“ erreichen oft mehr als die eigenen Eltern, wenn es darum geht, das angeschlagene Selbstbewusstsein von Teenagern zu reparieren und ihnen neue Perspektiven aufzuzeigen!

In unserer Rubrik Familie von A-Z finden Sie weitere interessante Artikel und Infos zu dem Thema Entwicklung des Kindes.

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