Donnerstag, 14:15 Uhr

Philo-Sophie (3)

Die Schnelligkeit der Schutzengel

Die Schnelligkeit der Schutzengel

Sophie und ich sind im Buchladen. Eine Ecke ist dekoriert mit allen möglichen Engeln – stylisch-modernen, barocken, nos­talgischen. Dazu: Engel-Bücher, Engel-Karten, Engel-Anhänger …

Auf der Heimfahrt frage ich Sophie: „Glaubst du eigentlich an Schutzengel?“

„Hm.“ Sie überlegt. „Oma glaubt daran. Als ich neulich mit dem Fahrrad gestürzt bin, sagte sie: Da hast du aber einen guten Schutzengel gehabt. Und eigentlich glaube ich das auch. Weißt du, Mama: Als Jonas letztes Jahr vom Baum gefallen ist, hat er sich nur den Arm gebrochen. Dabei war das echt hoch.“
„Vom Baum gefallen ist Jonas aber doch. Wo war denn da sein Schutzengel?“

„Ich glaube, der konnte einfach nicht schnell genug sein. Aber dann hat er trotzdem für Jonas gesorgt.“

„Und woher kommen die Schutzengel?“

Atempause

Segenswünsche

Gesegnet sei
euer Wandern
durch Täler und Höhen
durch Wiesen und Wälder
durch Schluchten und Irrwege

Gesegnet sei
euer Ringen nach Sinn
im Aushalten von dunklen Stunden
der Verzweiflung und der Empörung

Gesegnet sei
euer dankbares Ernten
von Früchten der Achtsamkeit
die zu einer bewussten Lebens­gestaltung bewegen

Gesegnet sei
euer Gestalten von Zwischen-Räumen
damit echte Begegnungen
gefördert werden
die zur Tiefe des Lebens führen

aus: Pierre Stutz, Zeit des Wachsens, Zeit des Reifens.
Leben im Rhythmus der Jahreszeiten
© 2007 Verlag Herder GmbH, Freiburg i.Br.

„Ich glaube, die kommen schon von Gott. Er will, dass es uns irgendwie gutgeht, deshalb hat er auf der ganzen Erde Schutzengel organisiert. Sie passen auf die Kinder in Afrika auf, wenn sie auf Bäume klettern, und sie kümmern sich um Svenjas Oma im Krankenhaus. Sie sorgen für uns, wenn irgendwas im Leben blöd läuft, dass wir trotzdem einigermaßen gut versorgt sind. Gott will nämlich, dass es uns gutgeht.“

„Ja, das glaube ich auch. Aber manchmal klappt das mit den Schutzengeln doch überhaupt nicht. Wie bei Marie, deiner Kindergartenfreundin, die kürzlich an Krebs gestorben ist.“

Ich muss schlucken, als ich das sage. Weil ich weiß, dass sich an diesem Problem selbst gelehrte Theologen die Zähne ausbeißen: Warum lässt Gott, der uns doch liebt, dieses Leid in der Welt zu – Kriege, Ebola, Hunger, Naturkatastrophen, die Menschen obdachlos machen, die Arbeitslosigkeit unseres Nachbarn? Aber Sophie nimmt diese Hürde ganz locker: „Ja, die Schutzengel können auch nicht immer und überall sein. Aber meistens klappt es doch ganz gut.“ Trotzdem hat die Erinnerung an Marie Sophie traurig gemacht, und sie legt nach: „Weißt du, dass mit Marie verstehe ich auch nicht. Und wenn ich einmal sterbe, dann werde ich als allererstes zu Gott gehen und ihn fragen, warum sie sterben musste.“

Sophie und ich werden für zwei, drei Minuten still. Wir denken an das, was uns traurig macht. Dann sagt sie: „Es gibt ganz viele Sachen im Leben, die total klasse sind! Auf der ganzen Welt! Es gibt Sachen, die verstehe ich gar nicht, aber ganz oft sind die Schutzengel schnell genug, und dann ist alles ziemlich gut.“

Auch mir als Erwachsener gefällt dieses Gefühl. Dass immer jemand um mich ist, der sich mit mir freut, mit mir traurig ist und sich mit mir sorgt und mich unterstützt, wenn’s eng wird – ist das nicht toll?

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