Samstag, 15:44 Uhr

Philo-Sophie (4)

Wenn der andere blöd ist

Wenn der andere blöd ist

Mike und ich haben uns gestritten, so richtig. Er war genervt, weil ich mich „nie“ an ausgemachte Uhrzeiten hielte; ich fand, er tue mir Unrecht. Ich hätte schließlich Gründe, (wieder einmal) so spät von der Arbeit heimzukommen. Sophie war mittendrin; sie kam gerade vom Kinderturnen, als unser Krach losbrach.

Fragt sie mich deshalb am Abend, als ich an ihrem Bett sitze, warum Erwachsene, Eltern sich eigentlich trennen? Oder weil die Eltern ihrer besten Freundin Emma das gerade tun? „Ja, das kommt wohl manchmal so“, bestätige ich. „Was meinst du denn, warum das passiert?“ Tatsächlich hat Sophie eine Spur: „Wahrscheinlich findet man sich am Anfang, wenn man verliebt ist, total super toll, will sich immer treffen und zusammenleben. Und dann heiratet man, weil man denkt, dass der andere der Beste ist. Aber irgendwann merkt man, dass der andere auch blöd sein kann. So wie du es nicht magst, wenn Papa immer Schlagermusik hört. Oder er, dass du immer zu spät kommst.“ Ich merke, dass die Erinnerung an unseren Streit am Nachmittag Sophie stocken lässt. Dann rückt sie damit heraus: „Aber ihr lasst euch deswegen nicht scheiden, oder?“

„Nein, deswegen sicher nicht. Aber weißt du, Sophie, eine Garantie dafür, dass ich mit Papa immer zusammenleben will … bis wir 80 sind … die gibt es nicht.“ Oha – der Schrecken ist Sophie ins Gesicht geschrieben; mit weit aufgerissenen Augen schaut sie mich an. Da habe ich wohl zu laut nachgedacht. „Aber wir werden bestimmt alles dafür tun, dass so weit nicht kommt.“

Atempause

Töne des Herzens

Nicht hören,
nicht sehen,
nicht sprechen.
Nur da sein
und offen
für die Stille,
aufmerksam
für meine
inneren Bilder
und hellhörig
für die Töne
meines Herzens.

Ingrid Schreiner
aus: Ingrid Schreiner, Zu Zweit. Adventsmomente für die Partnerschaft. © 2014 Echter Verlag Würzburg, S. 87

Sophie überlegt. „Es gibt doch so viele Sachen, die ihr beide mögt, Papa und du. Ihr geht so gerne wandern, esst beide gerne Schokoküsse und besucht gerne Gottesdienste, die nicht so langweilig sind. Macht das doch zusammen, dann ist das andere nicht mehr so schlimm … Lina und ich machen das auch so. Sie ist ja eigentlich meine beste Freundin, aber ich finde sie auch manchmal blöd. Wenn ich mit ihr was spiele, was uns beiden gefällt, zum Beispiel Skipo, dann geht’s irgendwann wieder. Lego zum Beispiel geht aber gar nicht, weil wir immer das gleiche bauen und uns dann um die Teile streiten.“

Ich werde nachdenklich. Ist das ein Mosaikstein, um unsere kleinen und größeren Anspannungen auszugleichen? Regelmäßig gemeinsam etwas zu erleben, zu gestalten, zu genießen, was wir beide mögen, und das, was uns Stress macht, etwas mehr in den Hintergrund zu rücken? Klar, Schlagermusik geht mit mir gar nicht, und unser Zeitgefühl wird nie kompatibel sein. Aber diese Macken hatten wir doch auch schon, als wir uns kennen lernten, und mochten uns deshalb nicht weniger!

Ich halte kurz inne. „Sophie, du hast recht! Ob mit einer Freundin oder zwischen Papa und mir.“ Sophie und ich lächeln uns an. Ja, Mike und ich sollten ’rausfinden, was wir gerne zusammen machen und was besser nicht. Wir müssen endlich miteinander darüber sprechen.

Nach der anschließenden Gutenachtgeschichte danken Sophie und ich im Abendgebet für den Tag und dafür, dass Gott sich um alle kümmert, wenn etwas schwierig ist. So wie bei Mike und mir …

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