Samstag, 14:03 Uhr

Konsum im Kinderzimmer

Harte Zeiten für Spielverderber

Lego-Modelle en masse. Die Mehrjungfrau aus dem neuen Disney-Film – nebst Acces­soires, selbstverständlich. Pilotenbrille. Bettwäsche in den Farben des Lieblingsvereins. Trinkflasche und Rucksack vom Profi-Outdoor-Ausstatter. Tablet. Mode aus der Kinderkollektion von Mamas Lieblingsmarke. Und, und, und. Eltern könnten ja so viel Geld ausgeben für ihre Töchter und Söhne! Und auch die Großeltern öffnen gern das Portmonee. Das vielfältige Angebot lockt nicht nur Kinder: Wer genießt es nicht, wenn das eigene Kind in seinem neuen Outfit bewundernde Blicke auf sich zieht?

Nachdenklichen Müttern und Väter kommen allerdings manchmal Zweifel: Quillt das Kinderzimmer nicht längst von Spielsachen über? Bedeuten Süßigkeiten für das Kind noch Genuss? Fiebert das Kind am Heiligen Abend noch der Bescherung entgegen, oder hakt es seine Wunschliste nur noch buchhalterisch ab? Aber dann merken sie doch wieder selbst, wie schwer es ist, ihrer Tochter den Wunsch nach Miami-Barbie abzuschlagen, damit sie mit „Blümchen-Barbie“ nicht ständig im Schatten der anderen steht… Konsumgewöhnung und -erziehung beginnen lange, bevor Kinder das erste Taschengeld bekommen. Kinder entdecken früh die Welt der Erwachsenen und damit auch die Faszination des Habenkönnens. Die richtige Ausstattung sichert Aufmerksamkeit und Bewunderung, und die Werbung verheißt, dass Gummibärchen Familien glücklich machen und Computerspiele den Kick bringen. Mahnungen, dass der Trend zur Konsumkindheit Kinder armer Familien nur noch mehr abhängt oder dass Kinder auch lernen müssen, mit begrenzten Mitteln zu wirtschaften, wirken daneben wie altmodische Spielverderberei.

Eltern brauchen also ein gesundes Selbst­bewusstsein, wenn sie

  • lieber etwas selbst machen als kaufen,
  • Kasperltheater spielen, statt einen Film zu streamen,
  • ihre Kinder in den Arm nehmen und drücken, statt sie mit Süßigkeiten oder Spielzeugautos zu belohnen,
  • ihre Wünsche ernst nehmen, aber nicht gleich als Befehl auffassen,
  • ihnen ab und zu klarmachen, dass größere Anschaffungen auch Verzicht erfordern: „Wenn wir heute in den Freizeitpark fahren, fehlen uns 100 Euro für dein neues Fahrrad.“,
  • sich selbst auch nicht alles leisten, was sie sich leisten könnten.

Aber es lohnt sich. Denn so erfahren Kinder, dass die Welt kein Konsumparadies ist. Und, noch wichtiger, dass Glück nicht durch Non-Stop-Konsum entsteht. Wenn das Leben nur noch aus Höhepunkten besteht, verliert jeder einzelne seinen Glanz; wirklich genießen kann nur, wer auch mal verzichtet.

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