Samstag, 15:36 Uhr

Liebe Eltern,

„Jonas kommt nach dir“, sagt meine Mutter, und das gibt mir zu denken. Denn ich sehe zwar vieles, was mich freut: wie mein Sohn sich weltvergessen in sein Sitzkissen kuschelt und stundenlang Die Brüder Löwenherz schmökert, wie ausdauernd er sich allein beschäftigen kann, mit welcher Sorgfalt er seine Meerschweinchen pflegt. Aber ich sehe auch: wie wenig er sich für Gleichaltrige und ihre Vorlieben (als Borussen- oder YouTube-Fans, Skateboarder, Computerspieler …) interessiert und wie bereitwillig er lauteren Kindern die Szene überlässt. Ein Einzelgänger? Vielleicht sogar ein Außenseiter? Und dann kommt die Erinnerung an meine Kindheit und Jugend hoch, das Gefühl, nie richtig zu einer Clique zu gehören, für die anderen Jungs und (okay, später) die Mädchen keine große Nummer zu sein …

Andererseits: Was soll ich, kann ich Jonas deswegen sagen? Wozu ihn motivieren – um nicht zu sagen: drängeln? Müsste er das nicht als Kritik verstehen: Ich bin nicht der Sohn, den du dir wünschst? „Er ist eben ein stilles Kind“, sagt meine Mutter, und: „Von der Sorte hätte ich als Lehrerin gern ein paar mehr gehabt.“ Vielmehr müsste ich also gerade dieses stille Kind darin bestärken, sein ganz eigenes Ding zu machen, und dazu meine eigenen Befürchtungen und Träume an die Leine nehmen. Denn warum sollte Jonas später nicht genauso mit dem Leben klarkommen wie ich?

Ihr

Josef Pütz

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