Unsere Tochter Laura ist drei Jahre alt und wird, da wir keine Kinder mehr bekommen können, ein Einzelkind bleiben. Das macht uns traurig, weil mein Mann und ich selbst viele Geschwister haben, die auch selbst wieder jeweils mehrere Kinder haben. Und wir sorgen uns, dass Laura als Einzelkind weniger soziale Kompetenzen entwickeln kann und möglicherweise sehr allein durchs Leben geht. Adoptieren wollen wir beide aber auch nicht. Was können wir sonst tun, um unsere Situation zu verarbeiten?
Es ist nicht leicht, sich von Lebensplänen zu verabschieden. Deshalb ist es völlig in Ordnung und sogar gut, dass sie als Eltern die erhofften Geschwister für Laura vermissen und darum trauern. Sprechen Sie diese Trauer ruhig aus, aber versuchen Sie, dabei nicht stehen zu bleiben. Vielleicht gelingt es Ihnen und Ihrem Mann ja, sich nicht nur gegenseitig zu trösten, sondern auch, eventuell in Gesprächen mit einem Lebensberater oder einem Seelsorger, neue Perspektiven für sich zu finden, die Ihnen mit mehreren Kinder vielleicht verschlossen blieben.
Und vor allem: Übertragen Sie Ihre Trauer keinesfalls auf Ihre Tochter! Denn Laura sieht Ihre Familiensituation ganz anders als Sie; sie wird es als völlig „normal“ empfinden, als Einzelkind aufzuwachsen, und von sich aus gar nicht auf die Idee kommen, da könnte „etwas nicht stimmen“. Schließlich begegnet sie in der Kita und in der Schule vielen anderen Kindern, die genau wie sie keine Geschwister haben. Irgendwann wird sie sicherlich darauf stoßen, dass ihre Tanten und Onkel alle mehrere Kinder haben, und nachfragen; sagen Sie ihr dann ruhig, dass Sie sich ebenfalls mehrere Kinder gewünscht haben, das aber nicht geklappt hat. Aber vermeiden Sie alles, was Laura zu der Vermutung führen könnte, ihre Situation sei defizitär.
Was sie tatsächlich auch nicht ist. Laura kommt im Kindergarten, in der Schule, auf dem Spielplatz, später vielleicht in einem Sportverein oder anderen Freizeitbeschäftigungen mit anderen Kindern zusammen; zusätzlich können Sie ja öfter Ihre Nichten und Neffen oder andere Kinder einladen – Gelegenheit satt für Laura, im Umgang mit anderen ihre sozialen Kompetenzen zu entfalten. Übertreiben Sie's aber nicht mit der Förderung von Lauras Kontakten; gerade Einzelkinder leiden manchmal darunter,, dass die Eltern sie zu sehr im Blick haben, und finden dabei wenig Raum für eigenständige Erfahrungen. Und schließlich hat jedes Kind, egal ob Einzel- oder Geschwisterkind, seine eigene Art und ganz eigene Bedürfnisse, was den Umgang mit anderen Menschen angeht.
Alle Erfahrungen und wissenschaftliche Beobachtungen bestätigen: Einzelkinder sind gegenüber Geschwistern weder grundsätzlich benachteiligt noch im Vorteil. Vielmehr kommt es darauf an, dass ihre Eltern die Familiensituation akzeptieren und versuchen, das Beste daraus zu machen. Bei aller berechtigten Trauer kann das Ihnen auch Mut machen.
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