Donnerstag, 00:18 Uhr

Oktober 2020

Wenn kleine Kinder lügen

Wenn kleine Kinder lügen
Foto©Imgorthand

Unser Tochter Leni (4 Jahre) kam von einem Ausflug mit ihrem Papa mit einem großen Loch in der neuen Hose nach Hause. Leni erklärte mir bildhaft, dass ein zotteliger grauer Hund sie angegriffen, an ihrer Hose gezerrt und diese dabei kaputt gemacht habe. „Ich war aber ganz tapfer, habe mit ihm gekämpft und ihn dann verscheucht“, sagte sie.  Tatsächlich ist sie mit der Hose an einem Ast hängen geblieben. Leni blieb aber auch bei Nachfragen hartnäckig bei ihrer Hunde-Geschichte. Muss ich mir über diese Lüge Sorgen machen?  
Lisa, 35 Jahre  

Wohl alle Eltern erleben, dass Kleinkinder häufig Dinge sagen, die nicht der Realität entsprechen. Manchmal erzählen sie von Erlebnissen, die sie gesehen oder gehört haben als hätten sie sie selbst erlebt. Oder sie berichten von einem Ereignis, das lange her ist, als wäre es gestern geschehen oder davon, dass sie Dinge gesehen haben, die es gar nicht gibt. Viele Eltern sind verwundert oder sogar verärgert über diese Lügen.  

Keine Lügen im klassischen Sinn  

Dabei sind solche unrichtigen, unrealistischen Aussagen nicht das, was man als Lügen im klassischen Sinn bezeichnet. Lügen setzt voraus, dass bestimmte Sachverhalte bewusst falsch dargestellt werden. Kleinkindern dagegen ist nicht bewusst, dass sie etwas Falsches sagen. Grund dafür ist, dass bei ihnen wichtige Verarbeitungszentren im Gehirn noch nicht vollständig entwickelt sind. So haben Kinder bis zum Schulalter nur ein gering ausgebildetes Zeitverständnis und eine gering ausgebildete Mengen- und Raumvorstellung.  

Außerdem machen Kleinkinder häufig falsche Angaben, weil sie zwischen ihrer Wahrnehmung (was sie sehen und hören) und ihrer Vorstellung (was sie denken,  wünschen und fühlen) nicht eindeutig und klar unterscheiden können. Wahrnehmung und Vorstellung verschwimmen ineinander. Manchmal verbinden Kinder Dinge, die uns überraschen.  

Kinder suchen nach Erklärungen  

Hinzu kommt, dass Kinder natürlich neugierig sind und Erklärungen brauchen und suchen. Mit ihrer kindlichen Logik erklären sie sich die Welt. Dabei hilft ihnen ihre Fantasie. So hat Leo herausgefunden, dass die weiße Milch von weißen Kühen und der Kakao von braunen Kühen kommt. Und der Kakao schmeckt viel süßer, weil die braunen Kühe viel niedlicher aussehen. Alles klar, oder? 

Kinder sind sehr ichbezogen und stark in ihrer Gefühlswelt verhaftet. Schon aus diesem Grund wären sie damit überfordert, objektiv und nüchtern über Erlebnisse zu berichten.  Wie oft fragen Erwachsene in Streitsituationen nach: „Was ist passiert?“ und wundern sich dann, keine befriedigende Antwort zu erhalten. Kinder können darauf oftmals keine richtige Antwort geben.  

Fantasie und die magische Phase

Besonders fantasiereich erleben wir Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren. In dieser Zeit durchleben sie die «Magische Phase». Das kindliche Denken und Handeln ist davon geprägt, dass ihnen nichts unmöglich scheint. Sie glauben, dass alles, was sie denken und sich wünschen, tatsächlich passieren könnte. Das ist nicht nur toll, sondern kann auch Angst machen. Zum Beispiel wenn das Kind davon überzeugt ist, dass unter seinem Bett ein Monster lebt. Da hilft es dem Kind wenig, wenn sie ihm erklären, dass es das nicht gibt. Im Gegenteil. Die rationale Welt der Eltern stellt die Zusammenhänge, die das Kind sich geschaffen hat, in Frage. Es könnte sein, dass ihr Kind dadurch verunsichert wird und sich selbst in Frage stellt. Hilfreicher ist es, in die Welt des Kindes einzutauchen und mit ihm gemeinsam zu schauen, wie man am besten die Monster vertreiben oder verzaubern kann. Mit der Zeit werden Kinder mehr und mehr sachliche, realistische Zusammenhänge knüpfen können und von selbst erkennen, dass es keine bösen Monster gibt.

Was also tun, wenn ihr Kind mal wieder „komische Geschichten“ oder Lügen erzählt?

  • Denken Sie daran, dass Kinder wirklich glauben, was sie erzählen.
  • Nutzen sie diese Zeit der Kindheit, um Fantasie und Kreativität mit ihrem Kind zu leben und erleben. Eine gute Portion Kreativität hilft, Lösungen für vielfältige Probleme im Leben zu finden, macht stark und das Leben leichter. Seien Sie neugierig und gespannt, welche tollen Ideen Ihr Kind hat. Lassen auch Sie sich inspirieren, die Welt mit anderen Augen zu sehen.
  • Bieten Sie Ihrem Kind Hilfestellungen an, die an seine Gedankenwelt anknüpfen. So beruhigen sich kleine Kinder schneller, wenn sie „ihre Wutteufel“ vertreiben, als wenn ihnen erklärt wird, dass diese Situation kein Grund ist, um ärgerlich zu sein.
  • Akzeptieren Sie, dass Ihr Kind anders logisch denkt und Ihre Argumente nicht immer nachvollziehen kann. Wenn es an den Weihnachtsmann glauben möchte, wird es viele Beweise für seine Existenz finden.
  • Bedenken Sie, dass sich Kinder in diesem Alter oft allmächtig fühlen. Zum einen glauben sie, dass sie „alles können“, zum anderen aber auch, dass sie an vielem schuld sind („Mein Bruder ist krank, weil ich ihn geärgert habe“). Nehmen Sie ihnen diese Schuldgefühle.
  • Ermutigen Sie Ihr Kind Erfahrungen zu sammeln. Es ist wichtig für sie zu erleben, was sie selbst bewirken können. Es bringt ihnen die Realität näher und stärkt ihr Selbstbewusstsein.
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