Freitag, 11:10 Uhr

März 2012

Geht's auch ohne Strafen?

Alexandra (4,5) hat einen ziemlichen Dickkopf und tut längst nicht alles, was ich ihr sage.  Meine Mutter meint deshalb, ich müsste strenger mit ihr sein und sie auch mal bestrafen. Das finde ich aber so antiquiert! Was kann ich sonst tun, damit Alexandra auf mich hört?

Ihre Vorbehalte gegen Strafen sind berechtigt; in der Pädagogik ist heute allgemein anerkannt, dass die frühere Strafpraxis sehr fragwürdige Ergebnisse brachte. Statt daraus das „richtige“ Verhalten zu lernen, gewannen manche Kinder dadurch vor allem den Eindruck: „Hauptsache, ich lasse mich nicht erwischen!“ Andere fühlten sich beschämt und gedemütigt, und, vielleicht am schlimmsten: Oft blieb die Beziehung zwischen Eltern und Kind nachhaltig beschädigt.

Allerdings stehen Eltern damit vor der großen Herausforderung, ihren Kindern auf eine respektvolle Art Grenzen zu setzen. Als bestes Mittel dazu gelten heute natürliche und logische Folgen. „Kinder lernen aus den Folgen“: Der Buchtitel des renommierten Erziehungspsychologen Rudolf Dreikurs ist Programm. Danach geht es  in der Erziehung darum, Kinder eigene Erfahrungen machen zu lassen, aus denen sie die richtigen Schlussfolgerungen ziehen und wie das sprichwörtliche gebrannte Kind das Feuer scheuen.

Beispiele dafür gibt es viele:  Wenn Alexandra vergisst, ihr Lieblings-Kuscheltier zum Spieletag in der Kita mitzunehmen, muss sie eben den anderen beim Spielen zuschauen. Wenn sie sich weigert, zum Spielplatz die Gummistiefel anzuziehen, und auf ihren Lackschühchen besteht, fällt der Ausflug eben aus. Natürlich: Manche Folgen sind so gravierend, dass Eltern sie nicht eintreten lassen dürfen – zum Beispiel wenn Kinder auf verkehrsreichen Straßen spielen wollen. Dann sind statt der natürlichen Folgen logische Folgen gefragt: „Weil ich mich nicht darauf verlassen kann, dass du beim Spielen im Garten bleibst, musst du eben drinnen spielen.“ Und so weiter. Wichtig sind dabei vor allem zwei Dinge. Erstens: Die Eltern schimpfen nicht und machen ihr Kind nicht herunter; sie begnügen sich damit, sachlich, freundlich und fest Zusammenhänge festzustellen und zu erklären. Und zweitens: Die Folgen müssen mit dem Verhalten der Kinder zusammenhängen. Wer beim wilden Toben Omas heiß geliebte Vase zerdeppert hat, muss die Scherben in den Müll entsorgen, das Wasser aufwischen und die Blumen in eine andere Vase stellen. Kindergarten-Kinder könnten außerdem ein schönes Bild für die Oma als Entschuldigung malen, ältere Schulkinder vielleicht auch aus Taschengeld-Mitteln eine neue Vase finanzieren. Ein Fernsehverbot wäre dagegen keine logische Folge!

Mit logischen Folgen zu erziehen erfordert sicherlich mehr Nachdenken und „Arbeit“ als das wahllose herkömmliche Strafen. Eine gute Hilfe auf dem Weg dahin leisten viele Erziehungskurse für Eltern (wie etwa kess-erziehen); darin könnten Sie ganz sicher auch das eine oder andere Beispiel aus Ihrem Alltag mit Alexandra zur Diskussion stellen.

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